Schneeziege

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Schneeziege
Schneeziegenbock British Columbia

Schneeziege – Zoologie – Jagdbericht

Schneeziege zoologisch

Der deutsche Name von Oreamnos americanus ist nur teilweise richtig. Die weiße Decke lässt die Tiere im Schnee fast perfekt getarnt erscheinen, allerdings sind sie zoologisch weit von den Wildziegen Capra mit den verschiedenen Steinbockformen ( siehe Jagen weltweit II-2 ) entfernt. Sie gehören zu der Gattung Rupicaprini, den Ziegenantilopen und haben als nächste Verwandte die Gemsen Rupicapra rupicapra ( siehe Jagen weltweit III-3 ). Im Verhalten ähneln sie auch diesen.
So haben sie kein ritualisiertes Kampfverhalten wie Wildschafe oder Wildziegen, die mit ihren Häuptern laut krachend aufeinanderprallen. Der zarte, federleichte knöcherne Schädel der Schneeziegen würde diese wuchtigen Schläge nicht aushalten. Auch die steil bis zu 30 Zentimeter hochragenden Schläuche sind empfindlich spröde und brechen beim tieferen Sturz nach dem Schuß leicht ab. Jährlinge können schon 13 bis 16 Zentimeter lange Schläuche haben. Man kann wie beim Gams das Alter an den scharf eingekerbten Ringen ablesen, wobei die erste Einkerbung den zweiten Winter im Alter von 22 Monaten angibt.
Der Umfang der Schläuche ist bei den Böcken größer, wobei sie gleichmäßig über die ganze Länge gekrümmt sind. Die Geißen sind leicht gehakelt. Rowland Ward gibt in der weltweiten Ausgabe XXIII als Rekord 12 1/2 Inch gleich 31 Zentimeter an. Dieser Billy wurde in British Columbia erbeutet.
Das Ansprechen ist nicht leicht, ein Spektiv empfiehlt sich. Sind Bock und Geiß zusammen, kann man schon durch den Größenunterschied den Bock erkennen.
Der stärkere Hornumfang an der Basis ist schwer zu erkennen, leichter fällt schon die nicht immer ausgeprägte Hakelung der Geißen auf. Die Trophäenstärke schätzt man am ehesten ab, indem man die Länge der Schläuche mit der Distanz vom schwarzen Licht bis zum gleichfalls schwarzen Windfang vergleicht. Diese liegt bei neuneinhalb Inch, also rund 24 Zentimeter. Sollten die Schläuche so lang wie die Entfernung von der Basis bis zum Windfang sein, haben Sie ein Interesse, möglichst schnell zu schießen – falls alles andere zusammenpaßt – und weitere Messungen am dann hoffentlich gestreckten Kapitalbock vorzunehmen.
Vorsicht beim Schuß ! Die Anatomie ähnelt der vom Schwarzwild. Billies haben einen Schulterbuckel aus langem Haar, Feist und langen Dornfortsätzen. Wenn Sie Mitte Blatt halten und Ihre Waffe unter diesen Umständen Fleck schießt, haben Sie im besten Fall die Wirbelsäule getroffen. Mit geringem Hochschuß geht die Kugel ohne tödlichen Treffer zu hoch durch den Schulterbuckel.
Halten Sie also von unten am Ende des ersten Drittel des Körperdurchmessers an.

Schneeziegenböcke zeigen als Kampfgebärden intensives Anstarren des Feindes, seitliches Aneinanderstehen mit langsamem Kreisen, ein Hornzeigen in einer vorwärtsdrehenden Bewegung und eine von unten nach oben zielende Stoßbewegung, vorzugsweise auf die Flanken des Gegners. Die spitzen Schläuche können zu tödlichen Verletzungen führen. Jedoch sind die alten Böcke durch eine Hautdicke bis zu 22 Millimeter an den Flanken bei ihren Auseinandersetzungen gewappnet. Außerhalb der Brunft sind Kämpfe selten, werden aber von Geißen bei begrenzter Äsung berichtet.
Während der Brunft im Oktober und November sind die Böcke leichter zu erkennen. Da sie mit den anschwellenden Drüsen hinter den Schläuchen Sträucher markieren und Brunftgruben schlagen, in die sie urinieren, ist ihr bisher makelloses Gelbweiß nun von dem nassen Boden an den Flanken und am Bauch gefleckt.
Schneeziegen haben nur diskrete Lautäußerungen, die nicht weit vernommen werden können. Böcke stoßen bei Gefahr ein Schnauben und Blöken aus, wie auch Kitze und Geißen sich durch ein leises Blöken wiederfinden.
Die Äsungspflanzen variieren je nach dem Habitat sehr von 77 Prozent Gräsern in Alberta bis zu lediglich vier Prozent Gräsern in Montana während der Sommermonate. Auch die Winteräsung ist sehr unterschiedlich. Fast immer findet man Schneeziegen an steilen Süd- und Westhängen, die auch Höhlen und Felsüberhänge zum Schutz vor Unwettern bieten. Jedoch werden immer wieder Schneeziegen auch auf sanft rollenden Hügeln beobachtet. Salzlecken werden intensiv besucht, besonders attraktiv sind Erden mit hohen Natriumkonzentrationen.
Die Sommerdecke wird langsam ab Ende August von den langen Grannenhaaren überwachsen. Je später der Billy erlegt wird, desto besser ist die Decke. Die besten Chancen bieten Novemberjagden vom Boot aus in Juneau in Alaska. Nun stehen die Schneeziegen tief, man kann sie vom Boot her ausmachen und dann angehen.
Im Gegensatz zu dem Kinnbart der echten Wildziegen tragen bei Oreamnos americanus beide Geschlechter einen bis zu 13 Zentimter langen Backenbart, der am inneren Ende des Äsers beginnt.
Die breiten, ovalen Schalen mit weichen kissenartigen Ballen haben scharfe, harte Außenkanten, die sichere Fortbewegung in steilsten Felswänden und auch, dank großer Oberfläche, das Bewältigen von Schnee deutlich besser als Wildschafe erlauben.
Hauptfeinde sind Berglöwen und Adler. Oreamnus americanus erreicht selten mehr als 11 Jahre. Für die älteste Geiß wird 18 Jahre, für den ältesten Bock 14 Jahre berichtet.
Ungestört sind die tagesaktiven Schneeziegen sehr standorttreu, wobei die Aktivitätszeiten im Sommer besonders am frühen Morgen und Abend liegen, während sie während der Jagdzeit im September bis November ihre Aktivität gleichmäßiger über den Tag verteilen. Solange der Jäger fern sichtbar wird, oder natürliche Hindernisse, wie Schluchten oder Felswände, zwischen dem Menschen und der Schneeziege liegen, ist diese nicht sehr beunruhigt von der menschlichen Präsenz. Auch Steineln, wenn es nicht direkt von oben kommt, löst keine Fluchtreaktion aus, erhöht lediglich die Aufmerksamkeit.
Das Vorkommen der bei Böcken bis zu 136 Kilogramm schweren, bei Geißen zehn bis 30 Prozent leichteren Schneeziegen erstreckt sich über das westlichste und nördlichste Nordamerika in den kanadischen Provinzen westlichster Yukon, British Columbia, westlichstes Alberta, und den US-Staaten Alaska, Washington, Montana, Wyoming, sowie einzelne Populationen in Colorado und den Black Hills Süd Dakotas.
Die Lizenzgebühren betrugen 1992 in British Columbia 200 Kanadische Dollar, plus den Jagdschein mit 145 Kanadischen Dollar, im Yukon 200 K.Dollar, in Alaska 400 US-Dollar, in Washington 150 US-Dollar, in Montana 450 US-Dollar.
Ein flach schießendes, Magnum Kaliber ist bei den schußharten Schneeziegen sehr empfehlenswert. Gute wetterfeste Kleidung in mehreren leichten Schichten ist erforderlich. Die unterste Schicht sollte gut durchlässig für den aufsteigenden Wasserdampf von Ihrem Schwitzen beim Aufstieg sein. Wasserdichte, atmungsaktive, aber federleichte Überkleidung, wasserdichte Bergstiefel und nicht zuletzt ein stabiler Bergstock sind nützliche Garanten für eine angenehme und sichere Bergjagd auf Schneeziegen.

Schneeziege
Schneeziege in British Columbia

Schneeziege: Auf der Suche nach dem weißen Vlies

Fasziniert schaue ich auf das scheinbar zum Greifen nahe unter mir vorbeiziehende einsame Hochland des nördlichen Britisch Kolumbiens, Kanadas westlichster Provinz. Völlig frei von jeglichen Spuren der Zivilisation oder Zeichen menschlicher Anwesenheit zieht ein See, in gewundenen Schleifen mäandernder Bach, dichter Wald und mit Schnee überpuderter Berggipfel nach dem anderen nur wenige hundert Meter unter unserem leider ohrenbetäubend knatterndem, kleinen Buschflugzeug vorbei.
Seine Schwimmkufen lassen die unzähligen Seen zu prächtigen Landebahnen werden und machen den entlegensten Winkel zugängig. Schon auf der Anreise mit dem Großraumflugzeug über den Atlantik war ich beim Anblick der Eisberge kalbenden ewigen Gletscher Grönlands im in dieser Region der Erdkugel seltenen, gleißenden Sonnenlicht überwältigt gewesen.
Doch diese Landschaft Westkanadas bringt das Jägerblut in Wallung und läßt von ungeahnten Jagdfreuden träumen. Am liebsten würde ich schnellstens wassern, mein Gewehr greifen und unbeschwert losziehen. Doch so leicht zugängig sieht die Wildnis nur aus der komfortablen Vogelperspektive aus.
Nach eineinhalb Stunden landen wir in der Nähe des Spatsizi Plateaus am Zufluß des Finlay Rivers, und ich werde schnell auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die so offen erscheinende Landschaft besteht überwiegend aus kaum durchdringbaren Sümpfen, die heimtückisch mit Gras und zum Teil mit hüfthohen Erlenbüschen ( “Alder” ), harmlos aussehend überwuchert sind.
Das einzige, sinnvolle Fortbewegunsmittel ist das Pferd. Dies hatte mein optimistischer Freund Embry mir vorher nicht gesagt, ich war daher überhaupt nicht auf die stolzen Rösser vorbereitet, die am See grasten.
Als mir dann noch der zwanzigjährige Indianer Rick mit der Aussicht auf einen vierstündigen Ritt am morgigen Tag bis zu dem Campgrund am Fuß der Berge, in denen kapitale Exemplare der gesuchten Schneeziegen stehen sollen, angekündigt wird, sinkt mir das Herz in die Hose. Über längere Strecken zu reiten, habe ich keine Übung und absolvierte lediglich vor vier Jahren vier Reitstunden.
Der Indianer grinst schon anzüglich und macht derbe Anspielungen auf den Zustand meines Hinterns nach dem anstehenden Ritt morgen abend. Es wird es kein Vergnügen werden, mit wundgerittenen Schenkeln im Berg zu pirschen.
Abwarten, Gott sei Dank habe ich flauschweiche Fleecehosen dabei, die keine reibenden Falten schlagen können. Die entsprechenden Körperteile werden gründlich mit Borpuder eingestäubt, und dann schwinge ich mich, innerlich ein Kreuz schlagend und mein Schicksal einer hoffentlich gnädigen Höheren Warte empfehlend, auf den großen Fuchswallach Moon.
Die erste angenehme Überraschung ist der Westernsattel mit seinem hoch aufragenden Knauf. Wenn man sich nicht gerade, beim gegen den Trab gerittenen Rhythmus, die sensiblen spezifisch männlichen “Anhängsel” quetscht, sitzt man sicher und bequem in dem auch hinten weit hochgezogenen Sattel.
Dazu ist Moon ein ganz liebes Pferd und reagiert auch auf meine zaghaft gegebenen Reithilfen wie Schenkeldruck und Zügel sofort. So macht mir der Ritt nach wenigen Kilometern zunehmend Spaß und ich kann beim gemütlichen Schaukeln die berauschend schöne, offene Landschaft in mich aufsaugen. Ab und an werde ich dann etwas unsanft in die Realität zurückgeholt, wenn Moon einen unerwarteten Satz über ein verstecktes Rinnsal macht.
Das wenige Gepäck haben wir dem Packpferd aufgebunden. Nur bei meinem Bergstock meutert Rick. Aber den gut getrockneten, federleichten Haselnußstab mit zwei Meter Länge habe ich mit viel Mühe aus Deutschland mitgebracht und durch die mißtrauische Untersuchung auf landwirtschaftliche Schädlinge am kanadischen Zoll geschleust. Ohne den breche ich nicht auf, er findet schließlich seinen Platz neben meinem Gewehr im Scabbard, der am Sattel baumenden Lederhülle.

Der Ritt durch die weite Landschaft, erst einen kahlen, nur dicht mit Gras und Kräutern bewachsenen Höhenrücken entlang, dann bergab ins schütter mit Kiefernhorsten bestandene, kilometerweite Tal zu einem breiten Bach gewährt unvergeßliche, visuelle Eindrücke. Für Reitfreunde wäre das allein ein Reisegrund.
Rick kennt den vorgesehenen Lagerplatz, an dem unser Zelt im Baum hängt, nur vom Hörensagen und wählt das falsche Seitental. Wir reiten wunderschön die steilen Böschungen auf- und ab das malerische Tal bergauf.
Nach 4 1/2 Stunden auf dem Pferderücken habe ich inzwischen genug von dem Spaß, der rechte Steigbügel ist etwas hoch, dazu muß ich das Bein um den Scabbard mit Gewehr und Bergstock winkeln, ich habe einen Krampf in der rechten Wade. Erstaunlicherweise habe ich dank der Fleecehose und dem Borpuder keine wundgerittenen Schenkel oder Blasen. Aber nun bin ich müde und hoffe inständig, daß wir das Zelt bald finden.
Doch weiter und weiter führt unser Ritt durch die parkähnliche Landschaft talaufwärts. Rick kennt den Lagerplatz nur von der Beschreibung des Outfitters.
Schließlich holt er die Detailkarte heraus und studiert sie intensiv. Erleichtert nutze ich die kleine Pause zum Absteigen und Vertreten der Beine, obwohl ich zunächst ohne Gefühl zu haben einknicke. Dann halte ich die grasenden Pferde.
Rick verkündet, wir seien im falschen Tal ! Oh jeh, wir sind schon gut 30 Minuten aufwärts geritten. Ich schlage vor, auf einem kleinen Paß über den Berg zu reiten. Das schaffen wir bis fast zum Kamm. Die letzten fünfhundert Meter wird es zu steil, wir laufen, um die Pferde zu schonen.
Viele feiste Murmeltiere pfeifen uns an, mehrere Ptarmiganvölker streichen vor unseren Füßen ab, wir sind im Wild-Paradies.
Auf der Höhe steht eine frische Grizzly-Fährte. Er kann längstens vor einer Stunde hier durchgezogen sein.
Wir reiten über eine grasige Hochebene, aber außer reichlich Murmel, die eher behäbig zu ihren Bauen watscheln oder in Gruppen, Männchen machend, uns aufmerksam beobachten, haben wir keinen Anblick. Nach drei Kilometern erreichen wir das nächste, sehr weite Tal.
Ein Stachelschwein zieht am Hang auf der Nahrungssuche entlang.
Wir haben es eilig, da am Horizont eine Schlechtwetterfront aufzieht, traben weiter und stoßen glücklicherweise gleich auf den alten Lagerplatz. Uns fällt ein Stein vom Herzen. Das haben wir gerade rechtzeitig geschafft.
Der Tag war zu warm, es braut sich ein Unwetter zusammen. Wir fummeln in Windeseile das für sechs Personen gedachte Kuppelzelt zusammen und bringen unsere Sachen noch hinein, bevor der Schneeregen zu fallen beginnt.
Vor dem Schneesturm hatten wir noch Feuerholz aufgetürmt, aber heute bleibt die Küche kalt. Ricks am Morgen selbstgebackene Brötchen mit Käse und Tunfischsalat schmecken gut und werden von einem Schluck Irish Cream als Nachtisch abgerundet. Luxus im Norden British Columbias.
Müde, aber zufrieden kriechen wir in die Schlafsäcke.
Am Morgen schneit es immer noch kräftig. Wir dösen bis 9h30 und frühstücken Schokolade, sowie deutsches Schwarzbrot mit Apfel, dann hellt sich der Himmel auf. Ich habe inzwischen Rick einen Vortrag über die Vorteile von Ballaststoffen, speziell am mitzuessenden Apfelgehäuse, gehalten.
Wir reiten zunächst auf der Suche nach Elch ins Nachbartal. Aber außer einem Trupp Bergkaribus mit einem starken Hirsch und später einem einzelnen Karibuhirsch in einem Seitenhang haben wir keinen Anblick. Nun schneit es immer stärker, wir hocken in einem Kiefernhorst relativ geschützt und glasen das weite Tal ab. Nichts zeigt sich.
Dann flüchten wir in die trockene Mitte eines anderen Horsts, dort macht Rick ein Feuerchen. Es schneit wie verrückt, aber um 14h00 reißt unerwartet der graue Himmel auf und die Sonne kommt durch. Wir reiten zum Zelt, holen den Bergstock und versuchen, auf den Berg zu kommen, um nach den Schneeziegen zu suchen. Die letzte Jagdgruppe hatte nach Jagderfolg noch zwei gute Böcke mit den magischen zehn Inch, rund 25 Zentimeter Schlauchlänge ausgemacht.
Mit den Pferden reiten wir bequem bis 400 Meter unter den Gipfel und kraxeln das letzte Stück hoch. Nun tritt endlich mein von allen Kanadiern bisher mitleidig belächelter Bergstock in Aktion. Oben auf dem Grat bietet sich uns ein hinreißender Blick auf weiß überschneite Felsgipfel bis zum Horizont. Zwischen den Kämmen liegen grüne offene Täler, ein wunderschönes Panorama erstreckt sich weithin.
Leider sind in den benachbarten, einsehbaren Hängen keine Ziegen zu sehen. Die Felsen sind tiefverschneit, das Wild hat sich auf geschütztere Einstände umgestellt. Weit, weit in der Ferne machen wir sie, weithin weiß leuchtend, an den aperen Hängen aus. Wir suchen alle Felsabbrüche ab, aber in unserer Nähe steht leider kein Wild.
Dann steigen wir um 17h30 wieder ab und reiten 50 Minuten zum Camp.
Mein rechtes Schienbein schmerzt nun sehr an der Außenseite von einer Sehnenscheidenreizung infolge der Zwangshaltung über den Scabbard. Gut, daß ich entsprechende Medikamente dabei habe.
Zum Abend mache ich Rindsragout auf dem Lagerfeuer heiß, während Rick vergeblich Funkverbindung mit den anderen Jägern zu bekommen versucht.
Mir ist es nur recht, daß keiner kommt. So ist es friedlicher.
Es fängt wieder an, wie wild zu schneien. Gut, daß wir sicher im Schlafsack liegen.
Am Morgen schneit es munter weiter. Infolge des Neuschnees müssen wir im weiten Bogen um den Bergstock herumreiten. Gestern hätten wir es noch mit den Pferden über einen Paß schaffen können.
Der Ritt ist wieder ein besonders eindrucksvolles Erlebnis. Erst ziehen wir hoch am Hang durch den Wald talabwärts und umgehen den mit seinem grünen, offenen Grasbewuchs so zugänglich aussehenden, aber völlig versumpften Hang. Dann reiten wir in dem offenen, weiten Quertal nach Nord-Osten, dann nach Westen. Die Worte fehlen, um die Schönheit der Landschaft und ihrer Herbstfarben zu beschreiben. Dunkelgrüne Kiefernhorste, intensiv grüne Erlenblätter, die sich herbstlich knallrot verfärben, goldene Pappeln und auf dem Boden Flechten aller Farben. Es lockt, ein Gemälde zu malen.
Die Pferde stapfen brav durch das Gewirr gefallener Baumstämme oder die sumpfigen Hänge und Niederungen, in denen sie tief einsinken. Mein mächtiger Fuchswallach Moon ist sehr trittsicher, während das Packpferd manchmal stürzt. An Wild haben wir nur Anblick von einem Karibu und einem Stachelschwein.
Das Aprilwetter wechselt zwischen stärkstem Schneetreiben und kurzen Sonnenscheinperioden.
Nach sechs Stunden sind wir an einem herrlichen Lagerplatz in der sich erweiternden Biegung eines Baches angelangt. Dankbar steige ich ab und freue mich, daß ich immer noch keine wunde Stelle habe. Rick fragt immer grinsend nach meinem befeinden und wundert sich. Tja, Borpuder und weiche Fleece-Hose haben mich geschützt!
Meine Muskeln schmerzen auch kaum, die Sehnenscheidenreizung hat sich über Nacht unter Diclofenac gut gebessert.
Der Himmel ist heller geworden, die Sonne schaut ab und an heraus, es regnet nicht mehr.
Beim Abglasen der umliegenden Hänge mache ich eine Schneeziegengeiß mit Kitz auf zwei Kilometer aus. Wir bauen das Zelt auf, richten unsere Sachen, installieren die Antenne des zweieinhalbtausend Dollar teuren, mobilen – aber derzeit nutzlosen – Funkgerätes in Ost-West-Richtung und brechen dann zu Fuß bachabwärts auf zu einer Abendpirsch. Nach einem Kilometer erklettern wir den Hang bis zu einem guten Aussichtspunkt. Dort suchen wir mit dem Glas systematisch alle Hänge ab. Von hier können wir auch den Hang einsehen, in dem wir gestern von der anderen Seite des Bergmassivs her die einzelne Schneeziege sahen. Sie zieht dort wieder unterhalb der Schneegrenze.
Um 20.00 will Rick wieder funken, wir kehren in unser anheimelndes Zeltlager zurück.
Ich pirsche noch eine Stunde allein durch die Erlenbüsche bachaufwärts. Fährten von Elchen sind da, ich habe aber keinen Anblick. Zum Abendessen gibt es am warm strahlenden, hoch lodernden Lagerfeuer gefriergetrocknete, aber schmackhafte Lasagne. Mit Heißhunger schlagen wir zu.
Mißmutig schaue ich am folgenden Morgen aus dem Zelteingang und mag gar nicht raus. Wieder spielt das Wetter verrückt, es regnet und schneit dicht in dicken Flocken, dabei sollte es im September in British Columbia sehr schön warm und sonnig sein ! Ein früher Wintereinbruch – Pech.
Es gelingt wieder nicht, Funkverbindung zu bekommen, keiner antwortet auf Ricks Rufen. Die Wolkendecke reißt auf, wir reiten um 9h30 bachabwärts durch die immer bunter werdende, herbstliche Natur.
Nach 40 Minuten Ritt koppeln wir die Pferde an und kämpfen uns buchstäblich durch einen dichten Kiefernwald über kreuz und quer liegende Baumstämme auf moosüberwachsenen Felsblöcken bergauf. Es ist furchtbar naß, meine Brille beschlägt vor Anstrengung und Luftfeuchtigkeit, ich sehe nichts.
Gut, daß ich den Bergstock habe, sonst läge ich dauernd auf der Nase. Endlich haben wir uns durch den verfilzten Waldstreifen gekämpft, ich bin unter der GoreTex Überjacke ganz naßgeschwitzt.
Am offenen Hang pausieren wir hinter einem Kiefernhorst und glasen in Ruhe die einsehbaren Bergflanken ab. Am Gegenhang zieht ein einsamer Billy, er scheint gut zu sein, steht aber in einem höllischen Gewirr steilster Felsabstürze.
Nach 15 Minuten mache ich auch auf unserer Seite eine Schneeziege aus. Als sie hinter den Felsen verschwindet, klettern wir eine Geröllrinne bergauf, um sie überriegelt zu umgehen und von oben anzugehen. Als wir die halbe Strecke bis zur Deckung geschafft haben, erscheint sie mit einer zweiten Ziege auf dem Grat des Felsabbruchs und äugt uns an.
Wir versteinern in der Bewegung und müssen es so unbequeme 15 Minuten aushalten, bis sie verschwinden. Wir werden versuchen, im nieselnden Schneeregen die immer steiler werdende Rinne bis zum Gipfel zu nutzen und von oben auf die Ziegen zu kommen.
Der Aufstieg wird immer schwerer, steiler und glitschiger. Nun sind wir in der verschneiten Zone, kaum gelingt es, einen sicheren Tritt zu finden. Nach weiteren 300 Meter ist der Rückweg unmöglich geworden, wir würden dabei abrutschen. Doch nun kommen 300 haarsträubende, steilste, rutschige Meter.
Uns gefällt der so schön aussehende Jagdplan überhaupt nicht mehr, wir können aber nicht mehr zurück, da man beim Abwärtsklettern viel weniger Trittsicherheit hat. Wenn der Tritt in dem rutschigen Boden anfängt nachzugeben, kann man sich nicht halten und stürzt oder schliddert immer schneller werdend, die steile Rinne bergab.
Einmal komme ich ins Rutschen, glücklicherweise hatte ich Rick den Bergstock gereicht und kann mich daran festhalten – Puuh, das war knapp !
Auch Rick rutscht, kann sich aber fangen. Bei einigen Passagen können wir nur noch beten, aber es hilft nichts, diesen Weg können wir nicht zurück, wir müssen weiter. Die Finger sind eisig kalt vom dauernden Festkrallen im verschneiten Fels oder Boden, ich habe jetzt gar kein Gefühl mehr. Die Fingerspitzen schmerzen schneidend.
Auf dieser Zitterpartie büßt man alle Sünden wieder ab. Ich gebe Rick bei steilen Felsen Tritthilfe, indem ich den Bergstock in den schneebedeckten Grund bohre. So kann er drauftreten und sich weiter oben einen sicheren Tritt suchen. Er greift dann später den Bergstock, den ich am anderen Ende halte, und hilft mir als Sicherung beim Nachklettern.
Doch endlich wird die Hangneigung geringer und der Schnee, festeren Tritt gewährend, tiefer. Gott sei Dank! Nun können wir auf dem runden Gipfelgrat bequem im eisigen Schneetreiben nach links entlanglaufen. Sofort gewinnen wir wieder moralischen Auftrieb, haben die bangen Minuten des Aufstiegs vergessen, denken an die Jagd und suchen die Schneeziegen.
Wir erblicken sie nach wenigen hundert Metern weit unter uns und arbeiten uns hangab bis zu einem dreieckigen Felsen. In dessen Deckung kann Rick im eisigen Wind versuchen, mit dem Spektiv anzusprechen, ob die stärkere, leider noch verdeckte Ziege ein Bock ist. Sein letzter Gast erlegte eine Nanny, das ist zwar erlaubt, wird aber nicht gern gesehen, nun hat er Angst wieder einen Fehlabschuß zu veranlassen. Er war ja bis zur letzten Saison nur Pferdewrangler, kein Jagdführer.
Die schwächere Nanny = Geiß hat rund 20 Zentimeter lange, in der Spitze nach hinten gekrümmte Hörner. Dann taucht der stärkere Bock kurz auf. Immer wieder heißt es “Shoot”, dann “Do not shoot”.
Rick ist sich nicht sicher, ob Billy oder Nanny. Ich bin sicher, daß es ein Bock ist, da er im Körperbau deutlich stärker erscheint. Aber der Schuß wäre sinnlos, der Bock steht am Grat und würde direkt den Felshang 200 Meter tief abstürzen, die Schläuche abbrechen und das weiße Vlies beschädigen. Schließlich ziehen sie hinter den Grat abwärts. Pech, nach all der Mühe und Gefahr, aber spannende Minuten haben sie uns verschafft !
Wir schauen über den Gipfel ins fast senkrecht abfallende Nachbartal, können aber keine Ziegen ausmachen. Dann suchen wir uns im erneut begonnenen, eisigen Schneetreiben einen gangbaren Weg bergab. Mein Bergstock leistet mir prächtige Dienste, auch Rick ist nun überzeugt von seinem Vorteil, wirft ihm dankbar eine Kußhand zu und will sich einen schneiden.
Tiefer am Hang stoßen wir im Schnee auf die frische Fährte eines jungen Grizzly und auch auf die unserer Ziegen, sie sind talaufwärts gezogen. Wir sind im ununterbrochen dicht fallenden Schneeregen pitschnaß und steigen ab.
Um 19h30 langen wir erschöpft, aber zufrieden ob unserer aufregenden Pirsch bei den Pferden an. Es ist ein gutes Gefühl, sich auf den warmen Pferderücken schwingen und tragen lassen zu können. Nach 40 Minuten sind wir im Camp, türmen ein „Feuerzelt“ aus trockenen Kieferästen auf und entzünden in einer Regenpause ein hoch loderndes Höllenfeuer.
Die Strahlungswärme trocknet die nassen Sachen schnell. Das wasserabweisende Fleecegewebe ist im kürzester Zeit abgetrocknet, während die Baumwollkleidung lange benötigt. Die Fleecehose war nur leicht klamm, die Beine wurden unten naß, wo die Fleece-Gamaschen im Bereich der zu kurzen GoreTex-Überhose pitschnaß durchfeuchteten. Das Abendessen gibt neue Kraft, erst um 23 Uhr verschwinde ich im Schlafsack.
Am folgenden letzten Tag ist der zehnte September, an dem die bis zum 10.Oktober dauernde Elchbrunft beginnen soll. Je kühler, desto früher. Also bei dem Sauwetter muß sie gleich anfangen. Es ist kalt und schneit wieder in dichten Flocken.
Wir futtern die letzte Scheibe Vollkornbrot und teilen uns den letzten Apfel. Dann sucht Rick die grasenden Pferde, sie sind weggezogen, da er keine Hobbel und keine Glocken mit hat. Die sind bei der nicht erschienenen anderen Jagdgruppe.
Rick irrt im starken Schneetreiben lange umher und hält mir später einen Vortrag über das im Angelsächsischen berühmt-berüchtigte Gesetz von Murphy.
“Murphy’s Law : If something goes wrong, everything goes wrong”, was auf gut Deutsch ” Ein Unglück kommt selten allein ” bedeutet.
Endlich findet er die Pferdchen, sattelt zwei und auf geht es im Schneetreiben, damit wir nicht aus der Übung kommen.
Der zurückbleibende dritte Wallach wiehert empört, seine Kumpane antworten und wollen nicht so recht ohne ihn ziehen.
Als wir 40 Minuten später am Berg der Schneeziegen – Claw Mountain – sind, scheint warm die Sonne und zaubert eine heimelige Atmosphäre eines Spätsommertages.
Wir machen eine einzelne Ziege, auf einem Felsvorsprung günstig stehend, aus und gehen sie an. Die Pferde werden unten im Tal angebunden, wir kämpfen uns erneut durch diesen furchtbar verfilzten, mit Steinen und umgestürzten Baumstämmen unwegsamen Urwald hindurch. Das wäre ein Paradies für Pilzfreunde. Selbst die krause Glucke wächst hier in mehrere Kilogramm wiegenden Prachtexemplaren.
Dann sind wir am Hang und steigen in der schon gestern begangenen Rinne auf. Diesmal allerdings im warmen Sonnenschein, noch hält das Wetter. Ich klettere nur im Meraklon Netzhemd, damit kann der Schweiß ungehindert ablüften, man bekommt keinen Hitzestau und auch kein feuchtes Baumwollhemd. Rick steigt sehr langsam und bedächtig. So rollt kein Stein, falls die zwei Ziegen von gestern auftauchen sollten.
Als wir auf der Höhe der von unten ausgemachten Schneeziege sind, müssen wir queren, weiter hinauf geht es nicht, dort sind zu viele Steilabbrüche. Wir bewegen uns, immer wieder sichernd, nur im Schneckentempo voran. Der Hang ist üppig mit Kräutern, Beeren und Gras bewachsen, zahlreiche Losung zeugt von regem Besuch der Ziegen.
Schließlich sind wir nach Ricks Meinung an dem Platz, wo wir die Schneeziege ausmachten, aber die Bühne ist leer. Ich soll mich postieren, er will in den unter uns überriegelt liegenden Buschwald und mir den Billy zudrücken – falls er dort steht.
Ich bedeute ihm, daß wir erst über den nächsten Grat schauen müssen. Als wir dort angelangt sind, sinkt Rick blitzartig zusammen, 200 Meter unter uns äst der Billy. Rick fällt heute das Ansprechen im Sonnenlicht leichter. Er meint, er sei schußbar.
Der 30 Grad bergab auf 200 Meter abzugebende Schuß dürfte mit meiner präzisen Crapahute kein Problem sein. Meine ich jedenfalls. Im Feuer der .300 Winchester Magnum, mit 180 grain Nosler Geschoß von Federal Premium erfolgt keine Reaktion ! Als ich nachgeladen habe, steht der Billy noch immer nach links äugend.
Offensichtlich hat sich das Zielfernrohr gestern bei einem Sturz auf den Stein, rechts hart aufschlagend, verstellt. Wohin soll ich bloß halten, ich versuche es weiter aufs Blatt.
Diesmal trifft der Schuß, man sieht Haare fliegen und hört deutlich satten Kugelschlag. Noch eine Kugel kann ich anbringen, dann ist die Schneeziege nach links in Deckung hinter den Grat gezogen. Nach dem Zeichnen und der langsamen Flucht hat sie die Kugeln weidwund. Wie gut, daß ich ein starkes Kaliber führe. Schneeziegen sind für Schußhärte bekannt.
Ich springe geradeaus 100 Meter zum Grat und kann unter mir fast den ganzen Hang und die Felswand gegenüber gut einsehen. Rick pirscht zum Anschuß. Sollte der Bock durchziehen oder hochwerden, bin ich in guter Position für einen Fangschuß.
Nach wenigen Minuten kommt der aus der Ungewißheit erlösende Ruf Ricks “Doc, Doc”. Ich klettere zu ihm und kann mir ein Lachen nicht verkneifen, so komisch ist die Situation.
Rick sitzt verkeilt im Gras am rutschigen, steilen Hang und hat einen drei Meter langen Strick in der Hand, an dem der verendete Bock – kurz vorm Abstürzen in der Wand – hängt. Als Rick ihn im Kieferngestrüpp fand, war er noch lebendig und nahm Rick an. Der schlang ihm geistesgegenwärtig den schon herausgenommenen Strick um den Träger und verhinderte so, daß der Bock über den Grat 80 Meter tief stürzte.
Schnell halte ich die Situation im Bild fest. Alle drei Schüsse sitzen weidwund, das Gewehr schießt gut dreißig Zentimeter rechts. Mein Glück war, daß der Bock mit dem Haupt nach links stand, sonst hätte ich ihn vorn vorbeigeschossen. In Ruhe machen wir auf dieser schönen Felskanzel mit herrlichem Rundblick eine Reihe Fotos, dann schlagen wir den ca. 80 Kg schweren Billy aus der Decke und zerlegen ihn. Wie bei ihren Verwandten, den Gemsen, finde ich bei meinem Billy hinter den Schläuchen die noch kleinen Brunftfeigen, Drüsen, die beide Geschlechter tragen.
Rick lädt sich Decke, Keulen und Blätter in seinen Rucksack, dann suchen wir einen bequemen Weg abwärts. Der Abstieg ist in einem mit Jungwuchs bestandenen Lawinenstrich nicht schwierig. Dann müssen wir uns wieder durch den nassen Urwald kämpfen und sind schließlich um 16h30 bei den Pferden. Nun reiten wir zügig zum Camp und packen alles zusammen.
Bis die Antenne abgebaut, das Zelt gepackt und der ganze Kram auf dem Packpferd verstaut ist, wird es 18h45. Dann reiten wir bis zum Einbruch der Dunkelheit um 20h30 zu einem See, an dem eine Angelhütte steht.
So haben wir ein Dach über dem Kopf und neue Vorräte. Allerdings ist es ein sehr kaltes Paradies, da es nur einen Ölofen gibt, der dauernd ausgeht und stinkend absäuft. Die Wände sind lediglich aus dünnem Sperrholz gezimmert, durch dessen Ritzen es zieht. Aber trotzdem ist es ein wesentlicher zivilisatorischer Fortschritt gegenüber unserem gemütlichen Zelt.
Wir verzehren voller Heißhunger so kulinarische Genüsse wie Nudelsuppe, Mais mit gebratenem Schinken und als Dessert Früchtecocktail. Dazu heiße Schokolade mit Whisky – für uns ist es nach der nur für zwei Tage gedachten – und auf fünf Tage gestreckten – Verpflegung das reinste Paradies.
Die Nacht wird kalt, wir mummeln uns zufrieden und satt in unsere warmen Schlafsäcke.
Am Morgen setzten sich die fleischlichen Köstlichkeiten mit dem gebratenen Herz des Billy und Pancakes mit Aprikosen fort. Draußen schneit es wieder massiv in dichten Flocken. Heute wäre die Bergjagd unmöglich.
Während eines kurzen Aufklarens schieße ich das Gewehr ein. Durch den Sturz liegt der Treffpunkt gut 30 Zentimeter rechts und 20 hoch.
Wir warten bis zum Mittag auf besseres Wetter, dann müssen wir trotz des dicht fallenden Schnees abreiten. Mit hochgeschlossener Kapuze bin ich ausreichend geschützt und kann trotz des widrigen Wetters wieder die landschaftlichen Schönheiten genießen. Sechs Stunden reiten wir durch die schönste Landschaft und haben Anblick von Karibu und später einem friedlich ziehenden Grizzly auf 300 Meter.
Im Basiscamp treffen wir meinen Freund, er bricht gerade mit seiner jungen Führerin zur Elchjagd auf, während ich zum Entsetzen des Outfitters und meines indianischen Guides im Schneetreiben kurz in den See springe und mir den Schweiß der vergangenen Tage abspüle.
Dann bin ich sauber und herrlich erfrischt und brutzele mir das Gehirn. Rick schaut zwar zweifelnd, probiert es aber und mag es auch.
Mein Freund kommt im dichtesten Schneetreiben um 22.00 Uhr zurück. Er hat einen schwächeren Elch mit 46 Inch Spannweite erlegt und ist völlig fertig, da sie eine gute Stunde in der schwärzesten Nacht im Schneetreiben zurückreiten mußten.
Der Outfitter Dennis hat ein üppiges Mahl mit Ziege, Schwein, Rind, rote Bohnen, Mais und Salat bereitet, als Nachspeise serviert er Kirschkuchen. Ein süßer Abschluß einer begeisternden Jagdreise!
Am letzten Morgen bekommt Rick Funkverbindung mit Central Mountain Air in Smithers, sie wollen ein Buschflugzeug schicken. Gott sei Dank, sonst wären die Anschlußflüge gefährdet. Ich habe zwar für einen geringen Aufpreis ein Rückreiseticket zum Ändern gelöst, die Zeit zählt aber nach den vergangenen unbeschwerten Tagen jetzt wieder, ich will mir noch einige Urlaubstage für die nächste Reise erhalten.
Am Himmel zieht wieder eine schwarze Wand herauf, es beginnt erneut, massiv zu schneien. Durch die dicht fallenden, schweren Schneeflocken sieht man nur noch 60 Meter weit. Wir kehren im peitschenden, eisigen Sturm von der Abschlußpirsch zum Camp zurück und hoffen auf ein späteres Aufklaren, sonst findet uns das Buschflugzeug nicht.
Der für 14 Uhr angesagte Flieger erscheint nicht, auf unsere Funkanfrage kommt eine ausweichende Antwort, es habe sich verzögert, wir würden um 18 Uhr abgeholt, sollten uns aber bitte bitte gleich melden, wenn das Flugzeug nicht pünktlich wäre!
Um 18.00 schwebt, uns aus der Ungewißheit erlösend, das winzige, viersitzige Buschflugzeug mit seinen Schwimmkufen auf dem See ein, wir verabschieden uns und laden das Gepäck ein.
Die kleine Maschine braucht die ganze Seelänge zum Abheben und brummt dann drei- bis vierhundert Meter über dem Boden eineinhalb Stunden nach Smithers. Das ist wieder ein durch die unbeschreiblich schöne Landschaft berauschender Flug, bei dem man sich gar nicht genug sattsehen kann.
Dicht unter uns ziehen sumpfige Niederungen, kleine Wälder, geschwungene Bäche, Flüsse und reichlich Seen aller Kaliber dahin. Die verschneiten Berghänge sind zum Greifen nahe, wenn der Pilot das Maschinchen zwischen den Gipfeln und Graten entlangführt. Allein die Ausblicke dieses Fluges sind die ganze Reise wert. Die Zeit verfliegt buchstäblich.
Gerade zur Dämmerung sind wir im starken Regen in Smithers und freuen uns über den Plüschluxus im Hotel.
Am nächsten Tag sitze ich im Flughafen von Vancouver und schlage die Zeit bis zum endgültigen Abflug mit dem Betrachten der vielen Chinesen und vor allem Chinesinnen Vancouvers tot. Schließlich hat die Stadt dank der liberalen Einwanderungspolitik einen enormen Zustrom aus Hongkong und mittlerweile nach San Franzisko die zweitgrößte “China Town”.
Dann schlage ich eine herumliegende Zeitung auf. Eine Meldung fällt mir ins Auge : Gestern um 12.45 stürzte eine Maschine von Central Mountain Air ab: Drei Tote, ein Schwerstverletzter ! Das war die Maschine, die uns abholen sollte. Außerdem stand in dem Bericht, daß sich damit die Zahl der Toten im Raum Smithers durch Anfliegen von Buschcamps infolge von Flugzeugabstürzen während der letzten acht Tage auf zehn erhöhte ! Das hatte ich am schlechten Wetter gemerkt. An dem Tag, als ich ausgeflogen wurde, sind fünf Buschflugzeuge abgestürzt……

Weit muß man reiten
Eiskalt und sperriger Bergstock
Schneeziege-Zoologie
Gemütliches Heim in unwirtlicher Landschaft