Wildschafe – Mufflon

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Wildschafe – Mufflon.

Carroux-Massiv-Südfrankreich

Mufflon

 

Das europäische Wildschaf Ovis ammon musimon, bei uns auch Mufflon bezeichnet, ist in inselartigen Vorkommen über Europa verbreitet.

Die neueren Hypothesen lauten, daß Muffelwild sich erst rund 6.000 vor Christi Geburt auf den Mittelmeerinseln Korsika und Sardinien durch Verwildern aus einer domestizierten Hausform der Urialschafe entwickelte.

Diese These wird durch die Gemeinsamkeiten mit Hausschafen bei der Struktur der Aminosäuren der Erbanlagen und beim Bluteiweiß, unter anderem der Gruppe A, unterstützt.

Von den gefährdeten Beständen auf Korsika und Sardinien begannen im achtzehnten Jahrhundert Einbürgerungen in geeigneten Biotopen in Österreich, dem Gebiet der heutigen Tschechischen Republik und ab 1900 auch in Deutschland.

Bei uns wurden auf Initiative des Hamburger Kaufmanns O. L. Tesdorpf in der Lüneburger Heide und im Harz die ersten größeren Vorkommen begründet.

Den reinrassigen korsischen und sardischen Mufflon wird nachgesagt, daß sie bei normaler Bestandesdichte nicht schälen.

Leider wurden, um mächtigere Schnecken und höheres Gewicht zu erzielen, Hausschafe, insbesondere das asiatische Zackelschaf, eingekreuzt. Diese Mischformen werden auch für das unschöne Einwachsen der Schneckenenden in den Träger angeschuldigt.

In den fünziger Jahren betrug die Zahl des in freier Wildbahn vorkommenden Muffelwildes nur  rund 4.500 Stück in Europa. Heute liegen Schätzungen bei gut 30.000 Stück.

Die rund 35 bis 50 Kilogramm schweren, rot  bis dunkelbraunen Mufflon haben oft einen hellen Fleck auf dem Rücken, der sich wie ein Reitsattel beidseits erstreckt. Eine immer wieder auftretende, weiße Scheckung ist als Zeichen der Bastardisierung unerwünscht.

Reife Widder sind überwiegend dunkler gefärbt und bilden eine, sich nach unten verstärkende stärkere Trägerbehaarung aus.

Über Muffelwild wird in vielen Monographien detailliert berichtet, daher verzichte ich in diesem Überblick auf weitere Details.

Das scharfäugige, wachsame Wild ist tagaktiv und zieht weit umher. Im Gegensatz zu den anderen Wildschafen bevorzugt es Waldgebiete und bietet eine äußerst reizvolle Pirsch.

 

Einschub Jagdbericht

 

Gleichmäßig spult sich vor mir das glatte Asphaltband der französischen Autobahn ab. Wir rollen nach Südfrankreich zur Jagd auf Muffelwidder.

Die Höchstgeschwindigkeit von 130 Kilometern pro Stunde lässt uns Zeit, einigen Gedanken nachzuhängen.

Schon sehr lang steht dieses Wild auf meinem jagdlichen Wunschzettel. Da ich mein Begehren aber nicht per routinierter Scheckbuchjagd erfüllen will, sondern alles “Drum und Dran” zusammengestimmt sein soll, kann ich Mouflon jetzt erst bejagen.

Die osteuropäischen Länder schreckten mich wegen ihrer hohen

Preise und der Umgebungsbedingungen bisher ab.

Anders im Nachbarland Frankreich. Hier ist der Lebensstandard unserem ähnlich, dazu sind die Tages  und Abschußgebühren deutlich geringer als im Osten. Man kommt sich nicht als Wirtschaftswunderknabe vor, sondern als fast normaler Konsument einer Dienstleistung.

Die Hegemaßnahmen und Aufwendungen des Staates oder der Kommune werden mit den Gebühren angemessen entgolten. Zusätzlich ist der ideelle Wert der Jagd bei sportlicher Pirsch und Eigenverwertung des Wildbrets hoch. Das Wild gehört ohne zusätzliche Zahlungen dem Schützen “mit Haut und Haaren”.

Vor dem französischen Weinbauern, der meine Ankunft und das Ausladen meiner Ausrüstung beobachtet, brauche ich mich nicht zu schämen. Wenn er will, sind seine finanziellen Mittel ausreichend, um sich auch in meinem Land auf Jagd zu begeben.

In den  Ländern im Osten hingegen hat der die Gäste führende Förster mit seinen Trinkgeldern eine höhere Kaufkraft als der ärztliche Kollege an der Universitätsklinik.

 

Meine Vorfreude steigt mit jedem weiteren Autobahnabschnitt. Das läßt mich sogar die lästigen Kontroll-  und Zahlstellen der französischen Autobahn mit Gleichmut ertragen. Zum Ausgleich waren ja auch keine langwierigen Waffeneinfuhr  oder Grenzformalitäten angefallen, der Hinweis auf eine mitgeführte Jagdwaffe bei deutschen Papieren genügte den Grenzern.

 

Am Spätabend kommen wir in unserem Hotel an und trödeln nicht mehr lang herum. Schließlich soll es am nächsten Morgen schon um sechs Uhr zur Jagd gehen.

Frühmorgens brechen wir im vierradgetriebenen Renault 4 des staatlichen Försters auf in die rund tausend Meter hohen Berge.

Die Ausläufer der Alpen sind teils dicht mit üppigem Heidekraut, teils hüfthoch mit wucherndem Ginster, teils mit Wäldern aus aufgelassenen Eßkastanienkulturen bewachsen. Immer wieder sind kleinere Felsgruppen oder langgezogene Felswände in tiefe Schluchten eingestreut. Das Gelände ist nicht leicht zu begehen, bietet aber wegen seines zerrissenen Profils immer wieder spannende Einblicke in sich neu öffnende Einschnitte.

Wir pirschen auf schmalen Wanderwegen, Wildwechseln oder Hirtenpfaden entlang. Stellenweise ist es nicht so einfach, auf den massenhaft am Boden liegenden stacheligen Esßkastanien, das Gleichgewicht zu halten. Jedenfalls haben die Mufflon reichlich Äsung zur Auswahl.

 

Die Population wurde erst in den Fünfziger Jahren vom staatlichen Jagdamt mit weitgehend reinrassigen, korsischen Muffeln aus der Zucht von Cadarache, Chambord begründet.

Das Biotop sagte den Wildschafen zu. Die körperliche Entwicklung und der Zuwachs waren im neugeschaffenen Schutzgebiet optimal.

Die Qualität der regelmäßigen Trophäen und der Wildzuwachs war in der Folge so hoch, daß neben Wildfängen für weitere Einbürgerungsaktionen auch die kontrollierte Jagd aufgenommen wurde.

 

Die Lizenzen werden auf schriftliche Anträge beim staatlichen Jagdbüro oder den umliegenden privaten Hegeringen zugeteilt. Meist bekommt man beim ersten Antrag lediglich weibliches Wild zum Abschuß frei und erwirbt so erst für die folgende Saison einen Anspruch auf Zuteilung eines Widders.

Jedoch besteht nicht nur Nachfrage nach männlichen Trophäenträgern. Die Pirschjagden sind  faszinierend und das Wildbret gehört dem Schützen, es ist in der Abschußgebühr enthalten.

Je nach Geldbeutel erfüllen sich so die französischen Jäger ihre jagdliche Passion. Die Abschußgebühren sind für alle Nationalitäten gleich, ohnehin ist der Ausländeranteil sehr gering.

 

Fast hätte ich bei meinem Sinnieren das Verhalten des Försters übersehen. Er hatte sich im Sichtschutz eines Felsblocks am Rand einer Schlucht niedergelassen und suchte gut versteckt die neu einsehbaren Hänge ab.

Deckung und geduldiges, immer wieder erneutes Absuchen mit dem Fernglas ist der Schlüssel zum Jagderfolg. Wie bei fast allem Bergwild muß man auch die scharfäugigen und wachsamen Muffel aus der Ferne ausmachen und möglichst von oben anpirschen.

Ziemlich zerknittert von der kurzen Nacht sieht die Aussicht nicht mehr so rosig aus, wie bei der gestrigen Fahrt in Gedanken ausgemalt. Die dicht, hüfthoch bewachsenen, mit kleineren Baum  und Buschgruppen bestandenen Berghänge scheinen wildfrei zu sein.

Doch schon bald haben wir Anblick. Die enttäuschend leeren Hänge füllen sich unverhofft mit einigen kleineren Rudeln. Reichliche Deckung verwehrte den Einblick.

In gut 250 Meter Entfernung stehen drei mittelalte Widder.

Eine der angenehmen Seiten der Jagdführung in Frankreich besteht darin, daß der Förster nur den Weg zeigt und allenfalls Ratschläge gibt. Welchen Muffel man erlegen will, bleibt dem Schützen überlassen. Zwei Jagdtage stehen zur Verfügung. Man kann je nach Geldbeutel und Jagdfieber den erstbesten jungen oder nach langer Pirsch, wenn überhaupt, einen alten, hochkapitalen Widder erlegen.

Mein erster Muffel soll reif sein, ich lasse mir Zeit. Es würde mich nicht stören, auch ohne Beute heimzukehren. Immer wieder pirschen wir weiter und verweilen zwanzig bis dreißig Minuten an exponierten Punkten. Keine Kanzel oder festverbunkerter Stand stört das Bild der ursprünglichen Natur.

An manchen Hängen geraten wir kräftig ins Schwitzen. Diese Pirsch ist fast Bewegungstherapie, wir sind bis auf ein ausgedehntes mittägliches Picknick den ganzen Tag in Bewegung.

Am Abend bin ich fast erleichtert, daß mein angenehmer Begleiter mich drängt, einen Jungwidder mit weißem Fleck, einer Fehlfarbe, zu schießen.

Das Norma Nosler Geschoß der .300 Winchester Magnum aus dem für die Bergjagd idealen Crapahute Kurzgewehr wirkt auf gut 200 Meter steil bergab zuverlässig. Nur eine kurze Flucht, dann bricht der Muffel strauchelnd zusammen.

Der Abschuß zählt als Hege nicht auf meine Lizenz, ich muß lediglich zusätzlich die geringe Jagdabgabe entrichten.

Doch vorerst muß ich das Stück bergen.

Der Abtransport muß vom Schützen geleistet werden. Gut 30 Kilogramm sind noch tragbar. Mehr als zwei Kilometer sind selten zurückzulegen, spätestens dann kommt man zu einem befahrbaren Weg.  Allerdings kommt man bei zum Teil sehr steilen Hängen ohne Tritt und Steg kräftig ins Schwitzen.

Nach oben will ich den Muffel nicht tragen. Es wären zwar nur 500 Meter bis zum Auto, doch bei fast 50 Grad Steigung ziehe ich vor, ihn zwei Kilometer talabwärts zu tragen. Zufrieden verstaue ich ihn eine Stunde später im Geländewagen des Försters, der mich inzwischen an der vereinbarten Stelle erwartet.

Der gelungene Schuß als Abschluß dieses ersten Jagdtages freut mich sehr. Die Jagdgebühr von 660 Mark beinhaltet das zarte Wildbret.

Der folgende Tag findet mich mit neuem Mut auf der Pirsch. Der klare Himmel Südfrankreichs wirkt heute besonders blau. Das ist zur Zeit der Muffelbrunft im November nicht garantiert, es regnet häufiger. Doch dafür ziehen auch die starken Widder rege umher. In anderen Monaten suchen sie sichere, unbejagbare Einstände auf, man bekommt sie selten in Anblick.

Gegen zehn Uhr macht mein Führer weit entfernt im Gegenhang eines Tales einen guten Widder, schätzungsweise Silbermedaille, aus.

Doch leider liegt zwischen uns ein tosender Wildbach. Wir beratschlagen, ob sich der Umweg bis zum nächsten Brückchen in die Pirsch eingliedern läßt. Unsere Entscheidung fällt gegen ein Anpirschen. Der Zeitverlust wäre zu groß, der Widder vermutlich schon weiter gezogen.

Schade, auf den schwarzen Recken hätte ich gern mein Waidmannsheil versucht.

Immer wieder bewundere ich meinen Führer. Ich bin zwar auch im Ausmachen von Wild auf weite Entfernung geübt, doch bei den braun melierten Muffel vor dunklem Untergrund fällt es mir schwer.

Der deutlichste Hinweis ist im Gelände noch der gut handtellergroße, hellweiße Fleck über dem Windfang.

 

Erst am Nachmittag schlägt meine Stunde, wir machen hoch oben im Steilhang ein Widderrudel aus. Darunter sind zwei kapitale Widder.

Doch zunächst müssen wir gut dreihundert Höhenmeter und zwei Kilometer Distanz überwinden. Das Wild bleibt in dieser Zeit überriegelt. Die Unsicherheit, es wiederzufinden, nagt an meinen Nerven.

Endlich erreichen wir eine schräge Felsplatte auf einem Hangsattel. Von hier eröffnet sich das Gelände dem Blick weit über den Hang.

Das Rudel zieht auf 300 Meter vor uns. Mein Führer  flüstert: “Der Dritte ist der Beste, er ist ganz schwarz mit starkem Kragen”.

Im Fadenkreuz ziehe ich mit, die Widder klettern breit durch eine Felswand. Die Entfernung ist groß, doch mein Vertrauen in die präzise schießende Waffe und das Kaliber .300 Winchester Magnum mit seiner gestreckten Flugbahn ist ebenfalls ausgeprägt.

Als ich gerade den Abzug durchziehen will, kommen mir Zweifel. Der dritte Widder scheint stark, ist aber heller als seine Begleiter.

Der Seitenblick auf den Förster läßt mich jäh verstehen. Er beobachtet ein ganz anderes Rudel, das steil unter uns auf 100 Meter zieht.

Das war knapp, fast hätte ich meine Chance vertan. Der anvisierte Widder ist bei weitem nicht so kapital wie der unter mir nun auf einem Felsen Stehende.

Schnell richte ich mich neu ein. Als der Schwarze über ein Felsband zieht, ereilt ihn das vielfach bewährte, 11,6 Gramm schwere Noslergeschoß.

Muffel sind “hart”. Obwohl das Herz durchschossen und zerfetzt war, legte er noch eine Todesflucht von gut dreißig Metern bergauf zurück.

Zufrieden über die schönen Tage, die spannenden Pirschen in alpiner Umgebung und den kapitalen Widder, der immerhin schon stark genug für eine Silbermedaille war, saß ich im Heidekraut und nahm dankend die angebotene Zigarette an. Bei solchem Anlaß war ausnahmsweise der Genuß des blauen Dunstes gestattet, er rundete das Erlebnis ab und ließ die freudige Erregung ausklingen.

 

Froh schulterte ich nach der roten Arbeit den ziemlich schweren Rucksack und mühte mich bergauf zu einer nahegelegenen Forstpiste.

Guter, alter Mufflon-Widder
Mufflon-Carroux.Jagdgebiet ONF
Mufflon
Mufflon-Widder
Uff, der Widder muß auch heimgetragen werden
Mufflon
Südfrankreich hat auch hohe Berge

Infokasten Jagd in Frankreich:

 

Das staatliche Forstbüro: Office National des Forets   ONF verwaltet die Jagdausübung und gibt Lizenzen auf Rotwild, Rehwild, Wildschwein, Alpengams, Pyrennäengams und Muffel aus.

Die Tagesgebühr für den Begleiter inklusive Transport beträgt 820 Francs, rund 250 Mark.

Nur bei Muffel und Gams ist das Wildbret in der Trophäengebühr enthalten. Bei den anderen Wildarten kann es gegen 31 bis 46 Francs pro Kilogramm, aufgebrochen in der Decke, erstanden werden.

Beim Muffelwild kostet ein Schaf 880 Francs, ein CIC Bronzemedaillen Widder rund 4.500 Francs   etwa 1300 Mark. Für eine CIC  Silbermedaillentrophäe werden ungefähr 7.000 Francs  entsprechend 2000 Mark und für eine CIC Goldmedaille ab 11.000 Francs   3200 Mark fällig. Es gibt keinen Medaillenzuschlag. Die Gebühren sind also deutlich niedriger als im Osten.

Angeschweißte, nicht gefundene Tiere führen zu einer Strafgebühr von 1200 Francs, etwa 350 Mark.

 

Die Waffeneinfuhr nach Frankreich stellt kein Problem dar. Man braucht das Jagdgewehr nur an der Grenze anzugeben. Allerdings ist die Einfuhr von Waffen der Kategorie Fünf verboten. Sie umfasst alle Kaliber, die seit Ende des letzten Jahrhunderts in Kriegswaffen verwendet wurden. Somit entfallen die gängigen Kaliber 30/06, 8 x 57 IS, .308 Winchester und 7 x 57.

 

Der Jagdschein für Ausländer wird bei der zuständigen Präfektur mit dem Nachweis der Einzahlung von 640 Francs auf das postalische Konto, Bescheinigung der in Frankreich gültigen Jagdhaftpflicht, zwei Paßbildern sowie Kopien des Reisepasses und des deutschen Jagdscheins beantragt.

 

Anschrift:

Office National de la Chasse  ONF

Direction Generale

Departement de la Faune Sauvage et de la Protection de la Nature

2, Avenue de Saint Mandé

F 75570 Paris CEDEX 12

Tel.40195800, Fax 43461922

 

“Bonne chasse”   der französische Jäger zieht ein waidmannsheilbringendes, kräftiges ” Merde ” vor !