Wildren Rangifer tarandus Zoologie

0
1664
Wildren Rangifer tarandus
Wildren Rangifer Tarandus Norwegen
Wildren Rangifer tarandus
Wildren Rangifer Tarandus Norwegen

Wildren Rangifer tarandus

Wildren Rangifer tarandus: Das Ren gehört als eigenständige Gattung mit der einzigen Art Rangifer tarandus zur Unterfamilie der Hirsche Cervinae. Wegen der starken Variation von Geweih und Körperbau werden bis zu zehn Unterarten angenommen und meist nach ihrer Region benannt.
Das Wild ist von mittleren Ausmaßen bei langem, relativ leichtem Rumpf und kurzen Läufen. Als Besonderheit zu den anderen Gattungen der Hirsche tragen auch weibliche Stücke geringe Geweihe. Das poröse, leichtgewichtige Geweih ist von glatter Oberfläche und besteht aus einer Hauptstange, die zunächst nach hinten, aufwärts und im weiteren Verlauf nach vorn gerichtet ist. Von ihr gehen meistens im unteren und oberen Bereich senkrechte Schaufeln mit mehreren Sprossen ab. Die untere Schaufel ist fast immer nur auf einer Seite groß im Bereich der Aug- oder Eissprosse ausgebildet und wird oft als Schneeschaufel bezeichnet.
Renhirsche mit zwei Schneeschaufeln sind selten und als Trophäe gesucht. Das Geweih ist fast immer asymmetrisch ausgebildet und wiegt nur in seltenen Fällen mehr als 10 bis maximal 11 Kilogramm.
Domestizierte Hausformen des Ren tragen deutlich stärkere Geweihe, amerikanische Jäger werden auf diese in Schweden geführt, einem Land in dem keine Wildren vorkommen.
In Sibirien zeigt die sogenannte Waldform kürzere Stangen mit gleichmäßigerer Verteilung zahlreicher Sprossen, während der Tundra-Typ lange Stangen, oft mit Schaufeln am Beginn und Ende trägt. Diese Typisierung ist auch beim Karibu genannten, nordamerikanischen Ren zutreffend. So schmücken das „Barren Ground Caribou“ dünne, lange Stangen mit ausgeprägten Sprossen, das Waldkaribu im östlichen Kanada hingegen dickere Stangen mit kurzen Sprossen.
Die Lauscher sind relativ klein und gerundet. Der Windfang ist breit und gewölbt.
Die Decke des Wildren Rangifer tarandus ist sehr dicht, wobei im Winter je nach Lage am Körper die Grannenhaare von 50 bis 100 Millimeter variieren. Die anatomische Struktur der Grannen erklärt ihre extrem isolierende Wirkung. Die Dicke des Haars wird zu 90 Prozent vom luftgefüllten Mark eingenommen. Dabei ist diese Luftfüllung durch Zwischenwände zu Luftblasen gegliedert, die Kälteleitung ist dadurch stark verringert. Unter den Grannen liegt sehr dichtes, dünnes, gekräuseltes Wollhaar.
Rendecken werden von den Bewohnern der Arktis zum Überleben benötigt. Allerdings ist das Haar brüchig und verschleißt schnell. Die Renlederkleidung muß daher nach einer Saison erneuert werden. Auch als Trophäe eignet sich eine Rendecke wegen des starken Haarens durch Abbrechen der Grannen nur bedingt, höchstens an der Wand. Es findet lediglich einmal im Jahr ein Haarwechsel im Frühjahr bis zum Sommer hin statt. Das Winterhaar erscheint im Herbst durch Nachwachsen der langen Grannenhaare über die Sommerwollhaare.
Die Färbung ist sehr variabel, aber eher dunkelgrau. Ältere Tiere und domestizierte Rene werden hell bis weiß.
An der Unterseite des Trägers bilden Hirsche eine bis zu 30 Zentimeter lange Mähne, die bei älteren Stücken stärker ausgeprägt ist. Das gibt dem Renhirsch im Zusammenwirken mit dem starken Geweih einen massigen, weit vorgezogenen Träger, das Schwergewicht des Ren scheint vorn zu liegen.
Auch um und zwischen den mehr runden Schalen liegen dichte und feste Haare, die die Stützfläche des Tritts vergrößern. So ist diese deutlich größer als beim Elch. Beim Ren beträgt die Belastung auf einen Quadratzentimeter etwa 140 Gramm, beim Elch aber 560 Gramm, etwa das Vierfache. Das ermöglicht den winterharten Rangifer das Überleben auf den bevorzugten baum- und strauchlosen Hochebenen der Berge. Im Herbst erreichen Renhirsche 100 bis maximal 220 Kilogramm.

Weites Hochland in Norwegen mit Flechten- Habitat für Wildren

Verhalten Wildren Rangifer tarandus:
Wildrene leben in der Tundra bis allenfalls in den Bereich der Mischwälder hinein. Sie haben einen Hang zu weiten, offenen Flächen, Gebirgsebenen werden bevorzugt. Hier ist im Winter die Schneedecke nicht so hoch, da der Wind sie wegbläst. Bei starker Glatteisbildung ist die Äsung unmöglich, hält sie länger an, verenden viele Rene. So verhungerte im Winter 1924/ 25 auf der Insel Nowaja Sibir fast die gesamte Population von 4.000 bis 5.000 Renen. Die kohlenhydratreiche Winteräsung aus Flechten, besonders die weißliche, zuckerreiche Cladonia setraria nivalis, weniger die Rentierflechte Cladonia rangiferi bedingen starkes Wild.
Der Energiebedarf zum Schlagen der Schneelöcher steigt im Verlauf des Winters mit zunehmender Verharschung der Schneedecke. So werden in Norwegen im Oktober-November im Schnitt 90 Löcher von 0,075 Kubikmeter freigeschlagen, was einen Energiebedarf von 31,6 Kilokalorien in der Stunde bedeutet, während im März-April immerhin 140 Löcher von kleinerem Durchmesser mit 0,03 Kubikmeter Rauminhalt freigemacht werden müssen, was einen fast verdreifachten stündlichen Energiebedarf von 85,8 Kilokalorien bewirkt.
Der durchschnittliche stündliche Erhaltungsbedarf an Energie liegt im Frühwinter bei 168 Kilokalorien, im Spätwinter bei 222 Kilokalorien. Im Winter werden rund fünf bis sechs Kilogramm an Trockenmasse von Flechten am Tag aufgenommen. In der schneefreien Zeit besteht die Äsung zu drei Viertel aus Kräutern und Sträuchern.
Infolge des besonders bei der Winteräsung auftretenden Mineral- und Eiweißmangels werden abgeworfene Geweihstangen, Bastfetzen und Aas gern aufgenommen. Menschenharn im Schnee wird aufgeleckt und so der Harnstoff zur Verbesserung der im Winter negativen Stickstoffbilanz genutzt.
Das Sehvermögen ist schwach, Menschen werden erst höchstens auf einen Kilometer vor hellem Hintergrund wahrgenommen. Gehör und Geruchssinn sind gut entwickelt.
Rene ziehen immer gegen den Wind, da sie so Feinde wittern können und die Wärmeabgabe geringer ist, da der Wind von vorn nicht unter die schützenden Deckhaare eindringen kann.
Rene sind Nordländer, ihre Aktivitätszeiten liegen in den frühen Morgenstunden, von neun bis 12 Uhr ruhen sie, dann wird bis ungefähr 17 Uhr geäst und bis 20 Uhr geruht. In der Nacht wird bis ein Uhr geäst und dann bis zum Morgen geruht.
Wegen des teilweise starken Befalls mit renspezifischen Rachenbremsen – Cephenomyia trompi – und Dasselfliegen – Oedemagna tarandi – sowie der Belästigung durch Bremsen und Mücken ziehen Rene bei warmer Witterung gern auf höhere Gebiete in Schneeflecken.
Sie schwimmen gut und ausdauernd und überqueren auf den Herbst- und Frühjahrswanderungen große Flüsse und Seen. Die Brunft dauert zwei Wochen und liegt regional unterschiedlich von September bis November.

Verbreitung:
Nach der Studie von Williams und Heard aus 1986 sind ungefähr 3,3 bis 3,9 Millionen Wildrene im ganzen Bereich der Nordhalbkugel in 184 Herden verbreitet. Dabei ziehen 75 Prozent der Weltpopulation in neun Riesenherden, sieben davon bestehen aus mehr als 120.000 Tieren.
In Nordamerika leben 2,3 bis 2,8 Millionen Rangifer tarandus, wovon zwei Millionen, also 80 Prozent, auf die sieben großen Herden George River, Bathurst, Beverly, Western Arctic, Kaminuriak, Porcupine und Northeastern Mainland aufgeteilt sind.
In Europa kommen in 58 Herden rund 110.000 Wildrene vor. Die mit rund 20.000 Tieren größte befindet sich in Norwegen auf der Hardangervidda.
In Asien ziehen rund 940.000 Wildrene in 24 Herden. Bis auf eine rund tausendköpfige Renherde im nordöstlichen China und einen kleinen Bestand in der nordwestlichen Mongolei leben alle Wildrene inselartig verstreut über das nördliche Teritorium Rußlands in Sibirien.
In Skandinavien leben insgesamt 50.000 Wildrene in 24 Herden in Südnorwegen sowie in 6 Herden in Spitzbergen und in zwei Herden mit rund 600 Wildrene in Finnland, an der karelischen Grenze.
Die norwegischen Renvorkommen liegen überwiegend im südlichen Landesteil. Sie sind reinblütig, es existieren keine Hausrene im gleichen Gebiet. Das Gewicht und die Trophäenqualität steigt von Süden nach Norden. Die stärksten Hirsche kommen aus Nord Ottadalen. Am bekanntesten ist das Vorkommen in der Hardangervidda, das jedoch von geringerer Qualität ist. Die dort in großen, vielhundertköpfigen Rudeln ziehenden Rene haben schwache Trophäen und geringes Gewicht.
1990 wurden von den freigegebenen 9.685 Wildrenen nur 53 Prozent gestreckt, davon waren 4.327 Hirsche und 5.358 weibliche Tiere. Die Strecke stieg gegenüber 1989 deutlich an, als nur 7.988 Stück, 49 Prozent der freigegebene Rene erlegt wurden.

Wildren Rangifer tarandus
Begehrte Sommeräsung Salix herbacea
Wildren äsen gern Zwergbirke
Zuckerreiche Winteräsung Cladonia sedraria nivalis

Wildren Rangifer tarandus Stand 1990!
Die Lizenzen werden vom Staat oder privaten Landbesitzern zu unterschiedlichen Sätzen verkauft. Das erlegte Ren gehört im allgemeinen dem Schützen, man kann das wohlschmeckende Wildbret verkaufen und so seine Lizenzgebühren wiederbekommen.
Dabei muß man jedoch wissen, daß Ren je nach Region extrem mit radioaktivem Caesium belastet ist. Im Winter 1986/87 wurden direkt nach der Katastrophe des Kernreaktors von Tschernobyl Werte von 20.000 Becquerel pro Kilogramm ereicht. Bei uns liegt der Grenzwert für Nahrungsimporte in die EG bei 600 Becquerel pro Kilogramm.
Inzwischen sind diese Radioaktivitätszahlen stetig gesunken.
Im Sommer ist allerdings dank des überwiegenden Anteils an Grünäsung Caesium im Gewebe deutlich reduziert. Im Winter steigt es wieder, weil die langsamwachsenden Flechten Caesium in ihrem Wurzelwerk erhöht aufnehmen und in der Pflanze speichern. Da der Flechtenanteil in der Winteräsung bei 90 Prozent liegt, wird erneut Caesium im Wildbret eingelagert.
Eine Besonderheit der Jagd auf Ren in Norwegen ist das Verbot von Magazingewehren. Nur ein Schuß im Magazin ist erlaubt, die weitere Kapazität muß blockiert sein. Für die weitverbreiteten Karabiner im System K 98 sind preisgünstig entsprechende Aluminiumeinsätze erhältlich. Die Verwendung von Doppelbüchsen ist gestattet.
Es muß ein Geschoß gewählt werden, daß auf 300 Meter noch eine Aufschlagenergie von mindestens 1960 Joule ( 200 kpm ) besitzt. Kaliber mit gestreckter Flugbahn sind zu empfehlen, da in den oft deckungsarmen Hochebenen der Berge – Fjells – bei selektiver Jagd auch weite Schüsse nötig sind. Die Jagdzeit dauert meist vier Wochen und liegt je nach Jagdgebiet vom 20.August bis 25. September.
Da der Betrag für die Abschußlizenz unter dem Wert des Wildbrets liegt, zieht es viele norwegische Erwerbsjäger zur Renjagd. So beantragten in Himsedalen 1.800 Jäger die lediglich 400 möglichen Lizenzen, in einem anderen Gebiet im Bereich der Hardangervidda betrug das Verhältnis sogar 10 Jäger auf eine Lizenz. Das Renjagd aber keine einfache Garantiejagd ist, beweisen die Erfolgsquoten bei der Jahresstrecke, die bei fünfzig Prozent liegen.

Wildren Rangifer tranadus
Alter Wildren-Hirsch Norwegen