Tollwut

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Tollwut

Tollwut
Jungfuchs

Immer wieder fragen besorgte Jäger und Naturfreunde nach der Gefährdung durch Tollwut. Zwar sind in Mitteleuropa weitläufige Impfaktionen gegen die Tollwut an Füchsen erfolgt, doch leider führte dies nicht zum Erlöschen der Krankheit.

Die Fuchspopulationen, die früher durch die tödliche Viruserkrankung gezehntet wurden, haben sich kräftig vermehrt, womit es zu einem erhöhtem Anteil von ungeimpften Jungfüchsen kommen kann. Diese wiederum tragen dann die Tollwut weiter.

Tollwut, wissenschaftlich als Rabies oder Lyssa bezeichnet, wird durch den Befall des Zentralnervensystems mit dem Rabies Virus hervorgerufen. Schon seit mehreren Jahrtausenden ist die Krankheit in China und Indien bekannt und findet ihre älteste Beschreibung in den Gesetzestexten des assyrischen Königs Hammurabbi in Babylon. Er regelte die Entschädigungsleistungen bei Tollwut nach Hundebissen.

In Mitteleuropa trat die Tollwut in jüngster Zeit vom Osten kommend, seit 1939 verstärkt auf. Der Seuchenzug nahm seinen Ursprung in der Tucheler Heide bei Danzig und breitete sich während der Kriegswirren unbekämpft mit einer Geschwindigkeit von 30 – 50 Kilometern im Jahr aus. Inzwischen ist die Krankheit in Frankreich angelangt, wobei es durch natürliche Barrieren für die Fuchswanderung, wie größeren Flüssen, zu Verzögerungen kommt. Von 1968 bis 1978 fand in Frankreich ein sehr starker Seuchenzug der Tollwut statt, der von Deutschland ausging. Nach einer Periode relativer Ruhe wurden für den Zeitraum vom Oktober 1986 bis September 87 wieder 2140 tierische Erkrankungsfälle in den 32 befallenen Departements gemeldet.

In den ersten vier Monaten 1988 gab es 559 Fälle : 482 Füchse, 4 Dachse, 4 Rehe, 8 andere Wildtiere, 5 Hunde, 18 Katzen, 17 Rinder, 19 Schafe, 2 Pferde. Diese Zahlen zeigen das breite Spektrum an tollwütigen Tieren. Es ist also Vorsicht bei deutlich veränderten Tieren geboten.

Die Erkrankung kommt weltweit bei den meisten Warmblütlern vor, und kann somit theoretisch von allen Säugetieren übertragen werden. Drastisch zeigt dies eine zunächst ungeklärte Häufung von Todesfällen 1990 in zwei abgelegenen Dörfern des peruanischen Dschungels. Dort starben in den ersten vier Monaten 1990  fünf Prozent der 636 Indios. Alle Opfer waren mindestens einmal von Vampir-Fledermäusen ( Desmodus rotundus ) gebissen worden und verstarben mit den klassischen Krankheitszeichen wie Fieber, Kopfschmerz, zunehmender Hirnhautentzündung, Schluckstörungen und Sensibilitätsstörungen. Bei der Autopsie eines Opfers fand sich der gleiche Virusstamm wie bei den Riesenfledermäusen.

Auch von Mäusen wird eine Übertragung auf den Menschen berichtet, überwiegend sind es aber in Europa große Wildtiere, wie Füchse, während es in Asien verwilderte Haustiere sind. Daher spricht man auch vom silvatischen- aus dem Wald stammenden, durch Wildtiere übertragenen Tollwuttyp in Europa und der urbanen- städtischen – Tollwutform in Asien.

Man sollte daher bei der Fütterung von verwilderten Haustieren in Asien sehr vorsichtig sein. In Indien werden jährlich 600.000 von streunenden Hunden gebissene Menschen vorsorglich behandelt. Das ist keine übertriebene Vorsichtsmaßnahme, sterben dort doch nahezu 40.000 Menschen im Jahr an Tollwut. Ebenfalls hoch ist das Tollwutrisiko auf Sri Lanka, wo rund 1,6 Tollwuttote auf 100.000 Einwohner kommen. In Marokko und der Türkei sterben zwischen 11 und 50 Personen im Jahr an der Tollwut.

Der letzte Fall von Tollwut in Deutschland liegt schon etliche Jahre zurück, es handelte sich um eine englische Touristin, die in Indien von einem Hund infiziert worden war.

Am 16. Februar 91 starb ein 28 Jahre alter Mann im Krankenhaus Archer in Nizza an Tollwut. Er war auf einer Auslandsreise in Mexiko im Dezember 1990 von einem streunenden Hund gebissen worden.

Der Tollwutvirus wird nur durch den Speichel infizierter Tiere übertragen, diese sind auch nur in den Tagen des Ausbruchs ihrer Erkrankung ansteckend – meist nur in den letzten drei Tagen.

 

Daher sollte man verdächtige Tiere nicht töten, sondern in Isolierung beobachten.

 

Ist das Tier nach zehn Tagen noch gesund, ist keine Tollwutübertragung anzunehmen.

 

Kranke Tiere sind unruhig, haben einen unsicheren Gang und zeigen oft unprovoziertes Schnappen oder Beißen. Es gibt zwei Hauptformen der Krankheit: Bei der “Stillen Wut” spielen sich die Infektionsveränderungen hauptsächlich im Rückenmark ab, es kommt schnell zu schlaffen Lähmungen, besonders in der Kopfmuskulatur. Bei der ” Aggressiven Wut ” überwiegen die Unruhezeichen, Speichelfluß, Schluckstörungen, Krämpfe und Wutanfälle, die Virusveränderungen sind vorwiegend im Gehirn. Man findet bei der Sektion dann in den Nervenzellen des Gehirns die typischen dreieckigen “Negrischen Körperchen”.

Die Wahrscheinlichkeit, durch einen Biß eines tollwütigen Tieres zu erkranken liegt bei zwanzig Prozent, wobei die Gefahr umso größer ist, je dichter die Bißstelle am Gehirn liegt ( Kopf, Hals, Arme ). Die Speichelmenge, die in die Blutbahn eindringen kann, ist auch entscheidend. Der Biß durch Kleider verringert dessen Aufnahme und daher die Erkrankungshäufigkeit. Der eingetrocknete Speichel ist nicht mehr infektiös, das Virus stirbt schnell ab. Daher geht auch keine Gefahr vom Haar oder Blut tollwütiger Tiere aus.

Die Tollwut tritt meist nach einem bis drei Monaten auf, wobei die Spannbreite zwischen 10 Tagen und zwei Jahren liegt. Beim Menschen kann die Tollwut erst beim Auftreten von Erkrankungszeichen durch den Nachweis von Antigenen auf der Hornhaut, im Blut oder der Gehirnflüssigkeit nachgewiesen werden. Eine Behandlung ist nicht möglich, die Tollwuterkrankung führt fast immer zum Tode. In der wissenschaftlichen Literatur werden nur zwei Fälle beschrieben, bei denen eine Heilung, beziehungsweise Heilung mit bleibender schwerer Schädigung einer ausgebrochenen, menschlichen Tollwut nach intensivster Therapie erfolgen konnte. Vom Mensch zum Mensch sind wiederholt Tollwutübertragungen bei der Verpflanzung von Hornhaut berichtet worden.

Besteht ein begründeter Verdacht auf Biß durch ein tollwütiges Tier, wird einmalig ein passives Impfserum und sechsmal an den Tagen 0, 3, 7, 14, 28 und 90 ein aktiver Impfstoff injiziert.

Wichtig ist die Wundbehandlung, man sollte die Bißstelle gründlich mit Seifenlösung oder desinfizierenden Substanzen reinigen. Besteht die Möglichkeit einer chirurgischen Wundversorgung wird immer eine ausreichende Ausschneidung der Bißstelle empfohlen.

Bei Bißwunden gilt, daß Wundnähte nicht gelegt werden sollten. Die durch die Nähte zusammengezogenen Gewebebezirke sind geringer durchblutet, und die zwangsweise in die Tiefe gedrungenen Keime können so schwere Infektionen, besonders von nicht Sauerstoff verbrauchenden Erregern bewirken.

Das passive Impfserum wird je zur Hälfte in die Ränder der Bißstelle infiltriert und zur anderen Hälfte in den Muskel gespritzt. Es darf nur einmal gegeben werden, um den Prozeß der Bildung von Abwehrkörpern durch die wiederholte aktive Impfung nicht zu blockieren.

Trotz des Fehlens von menschlichen, in den letzten Jahren in Mitteleuropa erworbenen Tollwuterkrankungen wird die vorbeugende Impfung für besondere Risikogruppen wie aktive Raubzeugjäger, Tierärzte, Reisende in besondere Risikogebiete empfohlen. Hierbei werden zunächst drei Injektionen im Monatsabstand, eine Auffrischung nach einem Jahr und dann jeweils nach fünf Jahren empfohlen. Die Bildung von Abwehrkörpern ist besonders hoch, wenn im Oberarm geimpft wird.

Zusammenfassend und ergänzend:
Ist man von einem Tier gebissen worden, besteht immer Tollwutverdacht.
Das Tier ist nur in den letzten drei (? +) Tagen der Tollwuterkrankung krankheitsübertragend durch den Speichel.
Also Tier lebendig einsperren und beobachten, wenn möglich.
Falls Tier tot, Gehirn von Fachinstitut auf Negri´sche Körperchen =Tollwutnachweis untersuchen lassen.
In jedem Fall sofort die Wunde gründlich desinfizieren (Wasserstoffsuperoxid soll am besten wirken).
Keine Wundnaht – im schlimmsten Fall nur locker.
Passive und aktive Impfung (die wird für den aktuellen Fall nichts nützen, weil sich die Impfantwort erst langsam ausbildet).
In der medizinischen Literatur werden nur zwei Fälle von menschlicher Tollwuterkrankung berichtet, bei denen die Patienten – mit Defekten – überlebten, also machen Sie Ihr Testament.
Kleine Anekdote: Mein Vater hatte in den Sechziger Jahren Damwild in seinem Revier eingeführt. Das war ziemlich zahm.
Dann kam die US-Army und machte Manöver und die Soldaten leisteten sich einen leckeren Damwild-Braten im Wald. Die Rache des “Kanalarbeiters” folgte auf dem Fuß: Mein Vater informierte den US-Kommandeur, daß Tollwut ausgebrochen sei und deshalb das infizierte Damwild nicht scheu wäre.
Reaktion der bei Verdacht auf Infektionskrankheiten überreagierenden Amerikaner: ALLE Soldaten wurden zwangsweise wochenlang jeden Tag mit der Bauchdeckeninjektion passiv geimpft – das war Serum von tollwutbehandelten Tieren und SEHR schmerzhaft. Die haben ihren leckeren Braten seeeehr bereut, hihi.